Daten aus Israel/Palästina… Hamas nicht so tödlich wie Passivrauchen?

Ich hab grad bei ZEIT.DE ein Kommentar verfasst und dabei im Internet Daten gefunden, dich ich mal gesammelt hier ablegen wollte…

Noch bevor der erste Israeli dieses Jahr starb, waren 24 Tote Palästinenser (zwei Kinder) zu beklagen:

http://www.ifamericanskne…

Die Quelle ist etwas reißerisch, aber die Daten stammen aus UN-Quellen, die alle verlinkt sind. Das Diagramm auf dem unteren Teil der Seite ist sehr aufschlussreich:

http://www.ifamericanskne…

Und wenn diese Daten stimmen (leider konnte ich nicht alle verifizieren), dann ist das Ganze schon ziemlich fishy, hier auf die Tränendrüse zu drücken:

http://imgur.com/aQguN

Unter 200 Tote in den letzten 10 Jahren. Prozentual hochgerechnet auf Deutschlands Größe gab es in den letzten 10 Monaten mehr Verkehrstote auf Deutschen Straßen, oder 5 mal so viele Selbstmorde im letzten Jahr und Passivrauchen hat im gleichen Zeitraum die prozentual hochgerechnete 1,5fache Anzahl Menschenleben gekostet:

http://de.statista.com/st…

Natürlich kann (und sollte) man dazu sagen, dass es nicht daran liegt, dass die Hamas es nicht versucht, aber wenn sie so dermaßen unfähig darin sind, ihre Ziele durchzusetzen, dann muss man sich über Verhältnismäßigkeiten Gedanken machen:

Wenn jemand mich umbringen will, dann darf ich mich wehren. Aber wenn derjenige das mit dem Werfen von Wattebäuschen versucht, dann komme ich vor gericht, wenn ich ihn erschieße…

Ich glaube, beide Seiten wollen den Krieg… Schade.

Edit: Links funktionieren jetzt und leider habe ich die Statistik zum Passivrauchen falsch gelesen: Sorry dafür! Die Daten sind nur aus 2005, was die Aussage jetzt so klingen lässt: „Hamas noch nicht einmal 10% so tödlich wie Passivrauchen.“

„Mehrheit hält Medien für Korrupt“

Ich habe unter dem Beitrag „Mehrheit der Deutschen hält Medien für korrupt“ auf den Beitrag:

39. verständlich

wenn die medien zunehmend zu unterhaltungsformen mutieren, das schreiben was die leser hören wollen, journalisten in deren standpunkt durch den verlag beschränkt werden und ihren inhalt für klicks und werbeeinahmen anpassen.
die seriöse presse muss unabhängig von werbeeinahmen werden, das geht nur durch die einführung einer abgabe vergleichbar mit dem rundfunkbeitrag, jedoch mit strikteren bedingungen. aber das wiederrum würde der politik zu sehr schaden.

geantwortet:

172. Gerade der Rundfunkbeitrag ist ein schlechtes Beispiel…

Ihrem ersten Absatz kann ich uneingeschränkt zustimmen. Erst, wenn wieder der Eindruck gefestigt wurde, dass die Medien wirklich berichten und recherchieren, statt ihr Fähnchen schnellstmöglich in immer ein und denselben Wind zu hängen, wird das Ansehen wieder steigen.

Ihr zweiter Absatz kann aber nur bedingt so stehen bleiben, denn gerade in diesem Bereich haben die öffentlich-rechtlichen Sender viel zu dem negativen Gesamteindruck beigetragen, indem sie regelmäßig an prominenten Stellen auf die absolute Notwendigkeit und die super tolle Idee dieser Haushaltsabgabe (oder nennen wir sie Steuer?) aufmerksam gemacht haben. (Selbst-)Kritische Stimmen waren sehr leise, bis kaum zu hören: Sogar in den Tagesnachrichten! Das war ein Armutszeugnis und klares Indiz, dass bis zu den wirklich verlässlich unabhängigen Medien noch ein weiter Weg ist.

Die Printbranche muss sich jetzt aber nicht auf die Schulter klopfen: Das Leistungsschutzrecht war genau derselbe Fall: Keine (oder sehr leise) Berichterstattung über die Probleme, viel Hinweis auf die Notwendigkeit und den Nutzen. (besser: vermeintlichen Nutzen – immerhin zeigt sich durch Googles Sperraktion jetzt, dass es keinen Nutzen gibt: Auch darüber wird wenig berichtet – die Lex Google ist gescheitert und nur noch Bloggervernichtungsaktion!)

In den letzten 1-2 Jahren haben also ALLE Medieninstanzen gezeigt, dass sie sich im Zweifelsfall nicht um Informationen, sondern ihren Geldbeutel scheren. Auch daher kommt das schlechte Urteil.

Ich habe eine Kommentar kommentiert…

Link zum Artikel:

http://www.zeit.de/wirtschaft/2013-04/zypern-russen-eu-staatsbuergerschaft?commentstart=9#cid-2733029

Mein Kommentar als Antwort:

Ihr Argument…

…ist so kurzsichtig und ekelhaft gedacht, dass ich mich wirklich zwingen muss, überhaupt etwas zu schreiben, aber diese Einstellung darf nicht unkommentiert bleiben:

Alleine schon die Formulierung „der Staat nimmt sich die Hälfte von meinem Lohn“ ist grässlich und die meistbenutzte Ausrede für Steuerverbrecher: Der Staat ermöglicht Ihnen erst, ein Gehalt zu haben. Er stellt die Straßen bereit, die SIE nutzen, er hält kriminelle davon ab, IHNEN ihr GANZES Gehalt (und leben?) zu nehmen. Er hat eine Infrastruktur geschaffen, die es IHNEN ermöglicht, wenn SIE krank sind, einfach mal an der Gesundheit zu arbeiten. Die Liste ist endlos. Entsprechend ist es nur recht und billig, dass es Steuern gibt und ich finde es ekelhaft, wenn Menschen WIE SIE an den Grundfesten des Staates rütteln, weil es hip ist.

Da es Steuern geben muss, muss man sie gerecht eintreiben. Ich habe lustige Statistiken gesehen, wie viel Steuern dem Staat durch die Lappen gehen, wenn die oberen Zehntausend (setzen sie eine beliebige Floskel für „Reiche“ hier ein) keine oder zu wenig steuern zahlen. Wenn nämlich alle (auch die Starken) die Gemeinschaft stützen, dann muss jeder weniger tragen – dann sinkt auch die von Ihnen so gescholtene Steuerhöhe. WENN sie es nicht tun sollte, DANN ist es Zeit, Politiker zu feuern. Solange aber der gesamte Staat von den Mittelstarken bis Schwachen getragen werden muss, dann ist die Last auf diesen zu hoch. Leider geht das in diese Köpfe nicht rein.

Das Leistungsschutzrecht zerstört das Urheberrecht in den Grundfesten

Die Verlage möchten mit dem Leistungsschutzrecht ihre Leistung vergütet haben, selbst wenn sie aktiv daran teilnehmen, diese kostenlos zur Verfügung zu stellen. Der Kollateralschaden könnte enorm sein.
Kleinste Textstellen könnten abmahnfähig werden. Sogar Überschriften und Links, die ausreichend große Anteile der Überschrift enthalten, würden unter diesen absurd rigiden Schutz fallen.
Doch wenn es jetzt tatsächlich dazu kommen sollte und wider erwarten die Blogger nicht kollektiv aufhören, Texte zu verfassen, was passiert dann? Es wird sich ein Weg finden und die zwei offensichtlichsten sind für den Kern des Urheberrechts fatal:
1) Keine Verlinkungen und Zitate mehr in Blogs
Die drastischste Lösung wäre durchaus denkbar: Nutzer müssten dann für sich auswählen, wen sie als glaubwürdig empfinden, und dieser könnte zwar Gedanken anderer einfließen lassen, dies aber nicht kenntlich machen. Dies würde die Blogkultur zwar schwer treffen, aber die Zitatkultur und damit das Urheberrecht noch schwerer.
Der Grundgedanke einer Diskussion und derjenige, der ihn geäußert hat, werden unauffindbar und außer der Bezahlung wird ihnen auch die Anerkennung aberkannt. Mir als Wissenschaftler ist diese Vorstellung ein Graus und wider jeglichen Verständnisses: Aufgeschriebene Gedanken müssen diskutierbar und den Personen zuzuordnen sein.
2) Nur noch verkürzte Links und Generalreferenzen ohne wörtliche Zitate
Verkürzte Links enthalten keinesfalls Zeichen der Überschrift und sind damit ungefährlich. Die Gedanken der Texte werden nur noch sinngemäß wiedergegeben und unter dem Artikel ein »In diesem Text wurden Gedanken aus … verwendet.« eingefügt.
Gedanken wären zwar theoretisch nachvollziehbar, aber praktisch kaum auffindbar, Wortvergleiche unmöglich und noch nicht einmal im Link erkennbar, was hier eigentlich für Quellen genutzt wurden. Dies hat im Wesentlichen dieselben Auswirkungen wie die erste Möglichkeit und ist abzulehnen.
Das Leistungsschutzrecht greift also das Urheberrecht an seiner elementarsten Stelle an: Gedanken und Formlierungen werden vom Autor getrennt. Die in Blogs (im Gegensatz zu vielen Verlagserzeugnissen) gute Zitatkultur wird völlig zerstört.
Die noble Geste von SpOn und FAZ (Blogger nicht abmahnen zu wollen) ist leider nicht mehr als ein Strohfeuer, denn will ich mich auf das Wohlwollen eines Unternehmens verlassen, das mich bei Bedarf dann jederzeit verklagen kann? Sinnlos ist das Leistungsschutzrecht als »Lex Google« alle mal: Welcher Mensch bei Verstand ist nicht davon überzeugt, dass Google, wenn alle Stricke reißen, einfach die Verlinkung von deutschen Nachrichtenseiten einstellt?

In diesem Text wurden Gedanken aus http://j.mp/KcSx6o, http://j.mp/L5C1Lo, http://j.mp/L0jzgX und http://j.mp/LbZZnz verwendet.

»Es wollen aber nicht alle ihre Musik verschenken.«

Gestern war die Mumble-Podiumsdiskussion zum Urheberrecht und ich als Neuling, was sowas angeht habe mich mal dazugeschaltet. Insgesamt war es ein sehr interessanter und mal ganz anderer Abend für mich und ich möchte hier eine Frage stellen/kommentieren, die gestern aufgekommen ist:
Auf die Frage von Bruno Kramm hin, wie sich Herr Ginthör (CEO Sony Music Deutschland) die vielen Musiker erklärt, die ihre Musik selber bei Pirate Bay anbieten, kam sinngemäß folgende Antwort (Gedächtnis, wenn jemand ne Quelle haben sollte…):

Natürlich dürfen Künstler, die das wollen, ihre Werke auch verschenken. Aber viele Künstler wollen mit ihrer Musik Geld verdienen und davon Leben.

Ach ja, wollen sie das? In meinem Kopf wollen echte Künstler Kunst machen. Wenn sie Talent und Glück haben, findet jemand das, was sie machen, gut und bezahlt Geld dafür. Leitet sich daraus ein Anspruch ab, von da an von der Kunst leben zu können?
Clara Schumann sagte »Die Ausübung der Kunst ist ein großer Teil meines Ichs, es ist mir die Luft, in der ich atme.« und genau so sehe ich künstlerisches geistiges Schaffen. Man kann nicht anders und die Verwertung passiert danach. Man bietet das, was man geschaffen hat, an und es ergibt sich eine Bezahlung oder nicht.
Ich selber fotographiere und mir wurden, ohne dass ich Aufwand in Marketing gesteckt hätte, von wildfremden Menschen Abzüge meiner Bilder abgekauft – und das für den selben Preis, der allgemein für diese Leistung bezahlt wird. Nichtsdestotrotz werde ich nicht versuchen, meinen Lebensunterhalt damit zu verdienen, weil es etwas ist, das mir Spaß macht und für mich nicht mit Zwängen verbunden sein soll. Ich habe mal Lust und »Inspiration« mit der Kamera rauszugehen und mal nicht. Sicher nehme ich auch mal einen »Job« an, aber diese sind handverlesen.
Diese Situation überträgt sich auf die Musik: Fängt man an, Musik als Beruf zu machen, dann muss man sich Zwängen unterwerfen. Man muss eine bestimmte Menge Alben rausbringen, damit man über die Runden kommt, aber was kommt dabei raus, wenn man etwas Kreatives »am Fließband« produzieren muss? Nach einer gewissen Zeit (je nach Grundkreativität des Künstlers) eher nichts mehr, was die Menschen noch begeistert, weil kein Enthusiasmus, kein Mitteilungs- und Schaffensbedürfnis mehr dahinter steht. Man besorgt sich auch Songwriter, damit man überhaupt noch was zum Singen hat, weil man selber »leer« ist. Es geht um den »Job« und das hört man dann auch.
Picasso sagte »Das Geheimnis der Kunst liegt darin, daß man nicht sucht, sondern findet.« und damit muss man auch bei der Musik deutlich zwischen schaffender Kunst und Handwerk unterscheiden. Genau dieser Unterschied im Verständnis des Werkes liegt meiner Meinung nach im Zentrum der Konflikte in der Urheberrechtsdebatte, denn ein großer Teil der Musik, die uns zum Kauf angeboten wird, ist halt Handwerk und keine Kunst.
Ich behaupte, dass es genau diese Handwerks-Musik ist, die mehrheitlich runtergeladen und nicht gekauft wird. Ich verwende absichtlich diese Formulierung, weil ich nicht ausschließen will, dass auch mit Herzblut geschaffene Musik geladen wird, aber ich bin der festen Überzeugung, dass diese dann zu einem deutlich größeren Teil noch gekauft wird als der Ballermann-Hit X oder das zehnte Album eines Musikers, der schon nach zweien keine Ideen mehr hatte.
Ein Klempner, der keine gute Arbeit mehr leistet wird über kurz oder lang nicht mehr gebucht, aber ein Künstler, der mal gut war und bei einem großen Label untergekommen ist, soll garantiert bekommen, davon leben zu können, auch wenn die Leistung nicht mehr stimmt? Man sollte sich mal daran erinnern, was das Musikhandwerk, das den wirklich großen Künstlern früherer Zeit den Lebensunterhalt ermöglicht hat, bedeutete: Konzerte bei Hof und Kammermusik beim Abendessen.
Warum sollte es für die Musikschaffenden heute unzumutbar sein, nur für die wirklichen kreativen Leistungen bezahlt zu werden und das restliche Einkommen mit Handwerk zu verdienen?

YouTube und GEMA – ein paar Zahlen

Viel wurde in den letzten Zahlen über die Einnahmen, Gewinnausschüttungen und Vorstandsgehälter der GEMA gesprochen. Diese Zahlen und ein paar mehr, die hier jetzt keine Rolle spielen findet man unter:
Geschäftsbericht der GEMA

Eine externe Sicht relativiert hierbei zusätzlich ein bisschen die Perspektive auf den Streit und das Urteil vom letzten Freitag: http://www.techdirt.com/articles/20120420/11573918587/huh-totally-clueless-german-court-says-contentid-isnt-good-enough-youtube-must-block-infringement-keywords.shtml

Mir geht es um den Deal mit YouTube, bei dem sich meines Wissens zwei Positionen gegenüberstehen: Pauschale Abgabe von 10,25% der Werbeeinnahmen von GEMA-pflichtigen-Seiten als Angebot von YouTube und 0,006€ (oder 0,6% – von was?) Bezahlung pro Aufruf einer GEMA-pflichtigen-Seite als zusätzliche Forderung von der GEMA. (Quelle: stern.de)

Der von der GEMA geforderte Deal wurde schon von anderen Musik-Streaming-Diensten wie Spotify angenommen und eines der Hauptargumente in dieser Diskussion ist: Warum können die das Zahlen und der Platzhirsch YouTube weigert sich vehement, den armen Künstlern ihr wohl verdientes Geld zu geben?
Sicherlich ist YouTube (oder die Dachfirma Google) durchaus sehr zahlungskräftig, aber die Frage ist: Können die anderen es tatsächlich zahlen? Und hier ist zumindest in Teilen ein klares „Nein!“ angebracht: Spotify hat im Rahmen seiner über 2-jährigen Existenz noch keine schwarzen Zahlen geschrieben. (Quelle: venturebeat) natürlich will ein Unternehmen wie YouTube (bzw. Google) den Gewinn maximieren, aber es gibt zumindest starke Indizien, dass der Markt vielleicht die Forderungen der GEMA tatsächlich (noch) nicht hergibt. Dazu kommt, dass bei Spotify nur Musik und reine Musik zu hören ist, wogegen YouTube mit hoher Wahrscheinlichkeit auch für das berühmte Babyvideo mit Radio im Hintergrund zahlen müsste. Vielleicht muss sich die GEMA mal einen wirtschaftlichen Grundsatz zu Gemüte führen:
»Sind die Preise höher als erwirtschaftbar, wird jeder Zulieferer Pleite gehen, egal wie gut das Produkt ist.«

Weiterhin werden derzeit Videos gesperrt, also gehe ich davon aus, dass die GEMA momentan (seit 2009) YouTube keine Rechte einräumt und YouTube daher wohl auch keinen Cent überweist. Ich möchte mal die „Kosten“ durch die Verhandlungsdauer ins Spiel bringen, die sich wie folgt darstellen:

20120425-210500.jpg

Dies bedeutet, dass sogar dann, wenn sich YouTube und die GEMA bis Anfang 2013 auf einen Vertrag einigen sollten, der 50% mehr Einnahmen bringt als der von Anfang an vorgeschlagene Deal, 8 Jahre ins Land gehen, bis die GEMA auf plusminus Null rauskommt, wenn man eine direkte Unterzeichnung des Erstvorschlages dagegen rechnet.
Eine Planung auf diesen Zeitraum scheint mir momentan ebenso unwahrscheinlich wie eine Einigung auf einen um 50% erhöhten Abschluss. Welche Perspektive sollen die Verhandlungen denn dann im Interesse der Künstler bringen, wenn es unwahrscheinlich scheint, dass die Verhandlungsverluste erwirtschaftet werden können? Welche wirtschaftlichen Ziele werden hier verfolgt?

Zahlen zur Kreativwirtschaft, Tatortautoren und Ähnlichem

Ich habe mal wieder einen Kommentar in den Weiten des Netzes hinterlassen, den ich hier Endlagern möchte.
Es geht wieder um das Urheberrecht und diesmal speziell um den offenen Brief von 51 Tatortautoren, der durch einen (sehr lesenswerten) offenen Brief von 51 Hackern des CCC beantwortet wurde. Mein Kommentar bezieht sich auf einen (in der Argumentationsstruktur recht generischen) Beitrag von Christoph Keese auf der Presseschauder.

Zuerst einmal volle Zustimmung zu TecoScr über mir. Zuerst dachte ich eigentlich, dass hier Hopfen und Malz und eine Antwort verloren ist, aber da schon eine Erwiderung mit guten Argumenten hier steht, kann ich ja noch was dazuarbeiten…
1) Wichtigster Punkt ist für mich: Wenn es Ungerechtigkeiten und Mängel im Rechtssystem gibt, dann ist mir (und gottseidank auch dem Rechtsstaat) egal, wie viele Menschen mit wie viel Geld vor wie vielen anderen Menschen mit wieviel Geld geschützt werden sollen. Also ist eigentlich schon die ganze Argumentation sinnlos und reine Zahlenpolemik. Es besteht natürlich die Grundannahme, dass es im UHG Ungerechtigkeiten und Mängel gibt, aber das setze ich mal als konsens voraus. Bei Bedarf gibts mehr Links.
2) Trotzdem möchte ich die Zahlen an einer besonders absurden Stelle mal auseinandernehmen, und zwar mit Ihren eigenen Argumenten: wieso erdreisten sich Vertreter von 60794 Angestellten der Filmbranche aus 18448 Unternehmen mit 8954 Mio€ Umsatz für die Kreativbranche zu sprechen und dabei die Probleme von 252656 Angestellen der Software-/Gamesindustrie aus 28801 Unternehmen mit 26409 Mio€ Umsatz unter den Teppich zu kehren, indem sie Ihnen keine Möglichkeit geben wollen, Ihre Arbeit wegen Trivialpatenten im gesicherten rechtlichen Raum durchzuführen? Zahlen sollte man aus der richtigen Richtung lesen. Wie groß die Pressebranche ist, ist für den Briefwechsel doch völlig irrelevant.

Der Vollständigkeit halber hier der Beitrag von TecoScr

Der Zahlensalat in Ihrem Posting erinnert vermutlich nicht nur mich an Rob Reids “The $8 billion iPod”.

Ohne die Validität Ihrer Zahlen in Frage zu stellen will ich nur darauf hinweisen, dass es keinen linearen Zusammenhang zwischen “Härte” des Urheberrechts und Jobs in der Kreativwirtschaft gibt. Anders formuliert: eine Verschärfung des Urheberrechts führt nicht zu mehr Jobs, ebenso wenig wie eine Entschärfung zu Jobverlusten führen würde. Es führt noch nicht einmal zwangsläufig zu mehr Einnahmen für die Künstler, oder zu mehr kreativen Output. Vermutlich sogar eher im Gegenteil, denn Schutzrechte auf immaterielle Güter verhindern derivative Werke. Hätte 1940 schon das heutige Urheberrecht gegolten, hätte Walt Disney bspw. nie Pinocchio drehen können (zumindest nicht ohne Collodis Erben auszuzahlen). Vermutlich wäre es seinem Film ähnlich ergangen wie FW Murnaus Nosferatu.

Das Urheberrecht hat rechtlich und ökonomisch zweifellos eine Berechtigung. Aber über seine Reichweite muss neu debattiert werden. (Anreiz-)ökonomisch lässt sich bspw. kaum begründen, dass ein heutiger Krimiautor oder Songtexter produktiver sei, wenn das Schutzrecht seiner Werke seinen Tod 95 Jahre überdauert, statt 70 oder einfach 0 Jahre. Ein so langes Schutzrecht dient nur den Erben und den Verwertern. Die wiederum sind aber nicht die Kreativen, für die das Schutzrecht einst geschaffen wurde.

In jedem Fall sollten Sie, Herr Keese, nicht den Fehler machen, allen Kritikern des geltenden Urheberrechts zu unterstellen, sie wollten es komplett abschaffen (der Hinweis geht aber keineswegs nur an Sie). Es geht nicht um Schwarz oder Weiß, sondern um Graustufen, konkret die Länge von Schutzfristen, die Reichweite von Schranken etc.

P.S.: Der Beitrag zum “The $8 billion iPod” ist sehr zu empfehlen!

Nachtrag, 6. April 2012
Auf die Nachfrage

@ Michael Rieß: Verständnisfrage: Inwieweit behindert die Filmbranche die Softwarebranche beim besseren Schutz ihres geistigen Eigentums?

habe ich unter dem Originalartikel geantwortet:

Sorry, grad erst wieder reingeschaut.
Die Filmbranche mit ihren starren Wünschen ans Urheberrecht behindert die Softwarebranche genau so, wie es der CCC schreibt: zu Beginn der Softwarepatente wurde viel Unfug patentiert bzw. geschützt (man denke an Äquivalente zur Patentierung des abgerundeten Rechtecks von Apple), unter anderem Programmbestandteile, die sich später als essenziell und generisch rausgestellt haben. Für Fortschritt ist es gerade im Softwarebereich wichtig, auf Effizienz zu achten und die Arbeit anderer aufzubauen, was aber durch die unglaublich langen Schutzzeiten erschwert wird. Wer weiß denn nich, wer vor 5 Jahren (oder so) das erste mal eine Multitouch-Geste programmiert hat? Einen Idee von den Konsequenzen bekommt man durch die ständigen Gerichtsfäle zwischen Apple, Microsoft, Nokia, Motorola und Samsung. Klar geht es da auch oft um Hardware, aber auch häufig genug um Steuer- oder Bedieneinheiten mit der enthaltenen Software.
Natürlich soll eine geniale Programmidee, auch wenn sie prinzipiell überall gebraucht wird, nicht direkt enteignet werden, aber ein zu langer Schutz bremst den Fortschritt.

ACTA – anders gesehen

Wenn man heutzutage etwas über ACTA liest, dann ist es meist eine Auflistung der „bösen Einschränkungen“. Ich möchte mit desem Artikel einen anderen Weg gehen. Da ich wahrscheinlich nicht alle Argumente direkt erfasse, wäre es super, wenn ich hier erweitern könnte, falls Anregungen kommen.

Mein Blickwinkeln soll der eines Prüfers sein: ACTA ist etwas Neues, das wir in unser Rechtssystem aufnehmen wollen/sollen, also muss es zumindest die Chance geben, positive Auswirkungen zu erzielen. Betrachten wir also mal die Argumente der Befürworter.

  1. Am häufigsten hört man: „In Deutschland wird sich durch ACTA sowieso nicht viel ändern, weil unsere Gesetze teilweise schon weiter reichen als die Forderungen in ACTA.“ Dieses Argument ist als großes Pro gedacht, aber was ist denn die Argumentationsstruktur dahinter? Man begründet die Notwendigkeit dieses Abkommens mit seiner Sinnlosigkeit? Absurd. Ein zweites Problem meinerseits ist das „nicht viel“ in dieser Aussage. Es kommt immer in unterschiedlicher Formulierung, aber bis jetzt hat sich niemand öffentlichkeitswirksam geäußert und gesagt, dass sich „nichts“ ändern wird. Was dieses „nicht viel“ ist, wird dann aber nicht kommuniziert und es besteht durchaus eine Chance, dass es „nicht viel“ aber gerade genug für hungrige Abmahnanwälte ist, denn seien wir mal ehrlich, die Rechteverwerter (im weiteren Sinne – also auch die Anwälte) sind nicht gerade dafür bekannt, humane und am Menschen orientierte Durchsetzungen ihrer Rechte anzustreben. Wenn wir es jetzt zwar nicht in Deutschland brauchen, sondern halt „in der Welt“, dann kommen wir zu Punkt
  2. „ACTA ändert zwar in Deutschland nichts, aber für die große, durchs Internet immer näher zusammenrückende und globalisierte Welt, braucht es einheitliche Regelungen.“ Hach, wäre das schön: Deutsches Recht (weil ACTA ja nichts anderes ist… angeblich) für alle! Naja, nicht ganz für alle: China und Indien spielen nicht mit. Melden außerdem rechtliche Bedenken an. Wir reden hier nicht von zwei unwichtigen kleinen Ländern sondern von vielen Menschen, in Ländern, die in der Vergangenheit wenig Respekt vor Urheberrecht nach deutschem Vorbild gezeigt haben. Unabhängig davon, was die Medienindustrie und Rechteverwerter uns glauben machen wollen, beschädigt ein von einem 13-jährigen hochgeladenes Lied sie wahrscheinlich deutlich weniger als industrielle Kopiermaschinerien in diesen Ländern.Hier, also da wo es wirklich Sinn machen würde, passiert also gar nichts. Wunderbar. Aber ist denn wenigstens ein Mehrwert in den anderen Ländern zu erwarten? Wohl eher nicht. Das Abschalten von MegaUpload hat gezeigt, dass es sehr wohl (erschreckenderweise) möglich ist, in Neuseeland für eine Urheberrechtsstraftat aus den USA verhaftet zu werden. Sogar, wenn die Gründe eher fadenscheinig sind.
  3. „Aber man kann doch nicht einfach das Kopieren legal machen, so wie es die Gegner von ACTA fordern.“ Dieses Argument ist so ausgelutscht wie falsch. Niemand von den ernsthaften institutionalisierten Gegnern fordert die Abschaffung des Urheberrechts und die Gleichstellung der ACTA-Gegner mit Raubkopierern ist ein propagandistischer Schachzug derjenigen, die mit dem Status Quo des Urheberrechts momentan gut verdienen: Plattenlabel, Verlage, Medienfirmen und — speziell in Deutschland – Verwertungsgesellschaften. Sie verschleiern damit das eigentliche und sehr richtige Anliegen der ACTA-Gegner: Statt einer Zementierung des alten Urheberrechts eine Überarbeitung anfertigen, die einfacher durchzusetzen ist, den Künstlern auch ihre Verdienstmöglichkeit lässt und dabei nicht die Hälfte der Gesellschaft kriminalisiert. Und ja, diese Hälfte der Gesellschaft sind nicht böse „Raubkopierer, sondern zum Beispiel Menschen in der Lehre: An den Universitäten gibt es begrüßenswerterweise mittlerweile immer mehr Standardwerke als eBooks über die Bibliothekswebseiten. Jeder Student, kann diese von Universitätsrechnern oder über VPN runterladen. Nichtsdestotrotz bewegt sich ein Lehrender in einer rechtlichen Grauzone, wenn er einen Ausschnitt aus diesen Werken über eine eLearning-Plattform zur Verfügung stellt. Noch dunkelgrauer wird es, wenn er einen Artikel bereitstellen will. Und wir reden hier nicht von Plattformen, an die jeder drankommt, sondern von passwortgeschützten Systemen mit passwortgeschützten Kursen. Den gesamten Unsinn aus diesem Bereich begreift man, wenn man sich den aktuellen „Verbesserungsansatz“ für das Urheberrecht in Schulen ansieht: Wenn er denn wenigstens nur ein Rückfall auf die Papierkopie wäre (schlimm genug), aber in einer publizierten Fassung war es so, dass auch die Kopierer illegal wurden: Die Anfertigung von digitalen Abbildern war verboten. Die Schreiber hatten nicht bedacht (oder es war ihnen egal), dass moderne Kopierer eigentlich Scanner mit Drucker sind und damit immer eine digitale Kopie anfertigen. Alles in Allem schützt das Urheberrecht momentan ausschließlich den leistungslosenleistungsarmen Profit der Verwerter und muss intensiv angepasst werden, weil sonst demnächst auch „raubkopier-unverdächtige“ Berufsgruppen wie Wissenschaftler oder Lehrer ihre Arbeit einstellen können. Von den unsinnigen und auch durch ACTA geschützten Patenten auf Rechtecke oder ähnlichem brauch ich ja gar nicht anzufangen.
  4. „Das steht doch alles nicht so direkt in ACTA, sondern ist eher schwammig formuliert und bedarf der Erklärung und Interpretation. So böse wie die Gegner dass sehen, meint das niemand.“ Es ist mir ein Rätsel, wie man so etwas positiv finden kann. Hier wird gesagt, dass es wünschenswert ist, ungenaue Vorgaben zu haben, die man streng und mild auslegen. Liebe ACTA-Befürworter, dass es eindeutige Vorgaben und Gesetze gibt, ist Grundlage eines Rechtsstaats. Alles andere bedingt rechtliche Willkür und darf nicht geduldet werden. Ich möchte hier nochmals darauf hinweisen, dass die Rechteverwerter eine lange Geschichte von Maximalauslegungen und Machtmissbrauch aufweisen und man ihnen auf keinen Fall die Deutungshoheit in die Hand geben darf. Im übrigen sind die Bestrebungen des Wirtschaftsministeriums, Datenkontrollen durch Provider auch ohne ACTA einzuführen Beweis genug, dass die schwammigen Formulierungen durchaus hart ausgelegt werden sollen.

Diese vier Punkte erschienen mir als essenziell und wie ich finde, ist die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit von ACTA daraus nicht ersichtlich. Also verfahren wir mit diesem Abkommen doch so, wie man mit allem verfährt, dessen Nutzen nicht erwiesen und dessen Risiken nicht genau abschätzbar sind: Lassen wir es doch einfach.

Zu diesem Artikel hat mich die Betrachtung von rechtzweinull.de inspiriert. Informationen sind aus vielen Quellen zusammengetragen, von denen ich einige hier auflisten möchte:
http://www.internet-law.de/2012/02/warum-polarisiert-acta.html
http://netzpolitik.org/2012/wir-erklaren-das-netz-nicht-den-krieg/
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Gespraeche-ueber-freiwillige-Two-Strikes-Regelung-gescheitert-1473394.html
http://www.heise.de/newsticker/meldung/US-Provider-sollen-Urheberrechtsverletzer-umerziehen-1473159.html
http://irights.info/blog/arbeit2.0/2012/03/11/niggemeier-im-spiegel-zur-debatte-um-das-urheberrecht/
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/urheberrechte-im-internet-acta-oder-der-schutz-der-raubritter-11658717.html
http://netzpolitik.org/2012/rechteindustrie-traurig-grundrechtsabbau-ist-nicht-popular/
http://www.tagesspiegel.de/medien/bloggerkolumne-acta-und-die-eisenbahner/6148600.html
http://www.cicero.de/berliner-republik/sascha-lobo-angst-vorm-netz-ist-nicht-voellig-unberechtigt/48173
http://griepentrog.org/2012/01/die-funf-fehler-des-ansgar-heveling/
http://www.techdirt.com/articles/20120120/14472117492/mpaa-directly-publicly-threatens-politicians-who-arent-corrupt-enough-to-stay-bought.shtml
http://www.marco.org/2012/02/25/right-vs-pragmatic
http://www.techdirt.com/articles/20120201/01075317618/another-answer-to-dealing-with-piracy-keep-creating-better-tools-business-models.shtml
http://www.stern.de/digital/online/urheberrechtsverletzung-youtube-sperrt-video-wegen-vogelgezwitscher-1792891.html
http://www.zoeleela.com/thesen-zur-gema/
http://www.indiskretionehrensache.de/2012/02/acta-jugend/
http://www.techdirt.com/articles/20120201/00433217612/beware-those-who-claim-theyre-saving-culture-business-when-theyre-really-protecting-those-who-strip-artists-rights.shtml
http://www.techdirt.com/articles/20120129/03171517578/copying-is-not-theft-censorship-is.shtml
http://netzpolitik.org/2012/danemark-95-der-musik-ist-illegal/
http://www.ted.com/talks/rob_reid_the_8_billion_ipod.html
http://politik.eco.de/2012/03/16/eco-gutachten-internetsperren-und-der-schutz-der-kommunikation-im-internet/

Die (angebliche) Kostenlos-Mentalität

Ich hab unter den folgenden Leserartikel „Die Generation Kostenlos“ zwei Kommentare geschrieben, die ich hier gerne lesbarer zwischenlagern möchte, damit ich diese häufig gehörten Argumente der ACTA-Befürworter einmal geordnet diskutieren kann:

Zunächst mein Kommentar zum Artikel selber:

Erstmal vorneweg: Klar gibt es viele, die immer und viel kostenlos beziehen wollen, aber das mit den ACTA-Protesten gleichzusetzen ist verleumderisch und gesellschaftlich gefährlich:
Ich geh das ganze mal von zwei Seiten an:
1) ACTA schützt kein Urheberrecht, sondern die Rechteverwerter und macht dabei die strukturellen Instanzen zu Hilfs-Sheriffs. Internet-Service-Provider sollen gezwungen werden, den gesamten Datenverkehr ohne Verdacht zu durchleuchten und schwarze Schafe melden. Das ist in etwa so, als ob sämtliche Post geöffnet würde oder alle Telefonanrufe abgehört. Das sind repressive Methoden, die wir alle bei Regimen wie China oder Nordkorea anprangern, aber gerade eben bei uns per Gesetz festschreiben wollen. Und nicht für etwas Lebenswichtiges, sondern für Konzerne wie Sony, die eine halbe Stunde nach dem Tod von Whitney Houston, die Preise für Ihre Lieder hochsetzen oder die GEMA, die von Bands Gebühren verlangt, wenn diese ein Lied kostenlos auf ihre Hompage stellen wollen.
2) Die „kostenlos-Mentalität“ ist ein immer wieder vorgebrachtes Gerücht: Für den Service, den kino.to gebracht hat, hätten viele der Kunden durchaus ordentliche Beträge gezahlt, aber so einen Service gibt es in D nicht. Die Industrie muss sich damit abfinden, dass sie für verkrüppelte DRM-Dateien halt nicht so viel verlangen kann, wie für eine CD. Es ist ja derzeit möglich, Geld für ein eBook auszugeben, und es sich nie ansehen zu können. Da ist Nachholbedarf, dann gibts auch wieder Umsatz.

Dann meine Antwort auf den ersten Kommentar

Der Artikel trifft genau ins Schwarze. Nur wie man die (hauptsächlich) Jungen dazu bringen könnte, von der Gratis-Mentalität langsam mal wieder (bzw. bei den ganz Jungen erstmals) runterzukommen, das ist die Frage.

die wie folgt lautet:

1) Preise anpassen: Eine CD im Laden kostet ca. 10€. Dafür kann ich sie ins Regal stellen, auf beliebig viele Rechner und MP3-Player ziehen und wenn ich will auch auf Flohmärkten wieder verkaufen. Wenn ich für dieselben Lieder im Internet genausoviel bezahle und sie dafür nur auf 5 Geräten nutzen kann, keine ordentliche Musikqualität erhalte und natürlich niemandem verkaufen kann, dann ist was falsch! Oh, und bei der Datei kommen ja noch nichtmal Lager-, Herstellungs- und Lohnkosten dazu. Es kann nicht sein, dass in der Videothek das Ausleihen einer DVD 1-3€ kostet und das Streamen desselben Films in Internet 3,99.
2) DRM-Knebel entfernen: Ich hab mal ein eBook für 45€ gekauft und konnte es nie lesen, weil das Rechtemanagement so kundenfeindlich ausgelegt war. Natürlich kann man elektronisch Erworbenes nicht reklamieren. Die ganze Geschichte steht hier: http://bit.ly/y9pCy2
3) Angebote schaffen: kino.to war illegal, klar. Aber es hat auch einen Service geboten, der bis jetzt nicht erreicht ist. Würden die Rechteverwerter nicht an ihren altertümlichen Verwertungsketten festhalten, sondern einfach ansprechende Angebote schaffen, dann würden die auch genutzt werden. Vor ein oder zwei Monaten hat ein britischer Comedian auf seiner eigenen Homepage sein Programm für 5€ zum Download bereitgestellt (ohne Schutz!) und in der ersten Woche 300.000€ verdient. Dass man im Internet keinen Profit machen kann, ist gelogen!

Die Argumentation ist durch die Begrenzung der Kommentare auf 1500 Zeichen leider etwas knapp, aber da die Länge meiner Kommentare die Länge des Leserartikels mittlerweile überschreitet, dachte ich mir, dass ich sie hier mal verewige…

Im Bereich eMedien ist Deutschland (gewolltes) Entwicklungsland – ein Beispiel

Ich bin ein Mensch, der gerne für einen Dienst bezahlt, wenn dieser gute Leistung bringt. Und ich glaube fest daran, dass es einige Menschen wie mich gibt und dass die Content-Industrie viel Geld mit mir und diesen anderen machen könnte, wenn sie es uns nicht vermiesen würden.

Die Geschichte, die ich erzählen will, hat sich vor ein paar Monaten abgespielt und ist für mich immernoch einer der absurdesten Auswüchse, die lobbyhörige Gesetzgebung in der letzten Zeit vorgebracht hat:

Für die Uni wollte ich ein Buch kaufen: 50€ für die Softcover-Variante, 45€ für das eBook, welches laut Shop im PDF-Format angeboten werden sollte. Man mag mich für naiv halten, aber in Uni-Bibliotheken gibt es derzeit tatsächlich viele Bücher als (richtige) PDF, weil es ordentliche Verwertungsverträge der Unis mit vielen Verlagen gibt. Und das Buch so immer dabeihaben zu können (es handelte sich um ein Nachschlagewerk), war auch ein Argument. Ein anderes Format hätte ich wegen Bedenken nicht in Betracht gezogen, aber hey, was kann bei einem PDF schon schiefgehen? So einiges, wie es sich herausstellt.

Nach der Bezahlung folgte der Download, der ungemein schnell war und eine Daten mit der Endung .acsm . Etwas verwundert gab ich diesen Namen bei Google ein und siehe da, man braucht Adobe Digital Editions. Wohl ein DRM-Verwaltungsprogramm, so meine Ansicht. Ich hoffte, vielleicht so an das versprochene PDF zu kommen. Nach der Installation öffnete ich die Datei und wurde gefragt, ob ich eine Adobe ID hätte oder eine haben wollte. Hier passierte der boshafte Fehler: In meiner grenzenlosen Naivität schlug ich nicht direkt nach, was dies für folgen hatte, sondern dachte mir: Ich will ja nur mein eBook lesen, wozu brauch ich eine ID, die mich bei Adobe identifiziert. Also widersprach ich der Adobe ID. Das Buch wurde anstandslos heruntergeladen und in Adobe Digital Editions geöffnet. Dieses Programm stellte sich als noch nichtmal halb so komfortabel wie Adobe Acrobat heraus: Es ruckelt, stellt nicht schön dar und bietet keine Druckfunktion. Aber gut, wenn ich dafür das Buch wenigstens lesen kann…

Der nächste Schritt war dann, Adobe Digital Editions auf meinem Dienstlaptop zu installieren, um auch dort auf das Buch zugreifen zu können. Komischerweise wurde mir vor der Download mitgeteilt, dass meine Lizenz abgelaufen ist. Eine kurze Recherche ergab: Wenn man sich keine Adobe ID macht, kann man eBooks (die als PDF angekündigt werden) nur auf EINEM Rechner betrachten: Auf dem Rechner, auf dem man die Datei als erstes herunterlädt. Für mich eine unsinnige Lösung, die das eBook deutlich hinter einem normalen Buch anstehen lässt. Zumal ich ein normales Buch für Notizen über den Kopierer halten kann und das eBook nichtmal auszugsweise drucken. (Reinschreiben geht ja auch nicht.)

Etwas gegängelt aber immernoch guter Dinge erschuf ich nun eine Adobe ID in der festen Überzeugung, dass ich diese halt auf meinem Laptop aufrufen müsse, um die Leserechte für andere Computer unter dieser ID herstellen zu können. Nachdem ich mich unter dieser ID angemeldet hatte, vermisste ich plötzlich mein Buch. Dieses wurde aufgrund der Rechteveränderung gelöscht! Ja, genau: das „Buch“, für das ich vor noch nichtmal 30 Minuten 45€ ausgegeben hatte, war weg und ich war auf keine Weise in der Lage, es wieder herzustellen.

Fassen wir also nochmal zusammen:

  • Das eBook wurde als PDF angekündigt, war aber ein krudes PDF-ähnliches Format.
  • Die Funktionalität war deutlich hinter der eines PDF-Dokuments und besonders hinter der eines Buchs zurück.
  • Das Leseprogramm ist primitiv und langsam.
  • Ein simpler Interpretationsfehler bei der „Installation“ des Buches beschränkt die Nutzung auf einen Rechner.
  • Ein Korrekturversuch zerstört das Buch unwiderbringlich!

Mit dieser Auflistung im Gepäck, kontaktierte ich den Kundenservice dieser großen nicht-nur-online Buchhandlung. Selbstverständlich wurde keins dieser Argumente angenommen. Man verwies mich auf die „Hilfe“ der Seite, die dann tatsächlich in einer Tiefe von vier Klicks eine Beschreibung über das korrekte Handling von eBooks im PDF-Format beinhaltete. Und außerdem natürlich auch darauf, dass eBooks wegen „§ 312d Absatz 4 BGB als „Ware“ gelten, die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind“. Mit anderen Worten – das versprochene PDF wurde nie geliefert und zurückgeben kann ich auch nichts. Das Geld ist weg, ich habe NULL Gegenleistung dafür erhalten und das ganze war komplett konform mit der deutschen Gesetzgebung.

Dies ist ein Beispiel, wie die Lobbyarbeit von VG Wort, GEMA und wemsonstnoch verschiedenen Organisationen und Unternehmen in Deutschland über Jahre hinweg durch unwissende und abnickende Politiker eine Gesetzeslage geschaffen hat, die ein grenzenlos verbraucherunfreundliches Klima erzeugt. Man will für einen Dienst bezahlen und endet nachher ohne Geld und ohne Dienst. Dabei wäre es so einfach:

Ist es zuviel verlangt, in ein dediziertes eBook-Leseprogramm auch nur eine halbwegs brauchbare DRM-Managementlösung einzubauen? iTunes macht es vor: Man kann mit wenigen Klicks einfach alle Computer, die mit dem Programm verbunden sind, trennen und eine komplett neue Rechteaufteilung starten. Die Ausgangslage ist ziemlich identisch: Warum gibt es soetwas nicht für eBooks? Mir drängt sich nur eine Antwort auf: Weil es Arbeit wäre! Aber im Sinne von Innovation und Fortschritt müssen wir langsam aufhören, uns die ängstlichen Visionen von den wenigen Großverdienern aufzwingen zu lassen, sondern diese zwingen, sich der Zukunft zu stellen!

Änderung am 17.04.2012: Nachdem sich mittlerweile drei Personen an meiner Erwähnung der VG-Wort in einer Aufzählung auf dieser Seite gestört haben und mir in diesem Zusammenhang eine „wahrheitswidrige Tatsachenbehauptung“ unterstellt wurde, habe ich die Formulierung verallgemeinert und möchte natürlich hinzufügen, dass mir zu keinem Zeitpunkt Beweise vorlagen, dass die VG Wort jemals einen für die Konsumenten negativen Einfluss auf Gesetze genommen hat oder dies in Zukunft tun wird.